Inhaltsstofflisten-Name (INCI): Petrolatum
Wirkung: pflegend, feuchtigkeitsbewahrend, schützend
Anwendungsempfehlung: vor allem in Cremes, Lotionen und Lippenpflegeprodukte
Hauttypen: besonders bei sehr trockener gereizter und barrieregestörter Haut
Während Vaseline genaugenommen nur eine Art Ruf- oder Handelsname ist, lautet die korrekte Bezeichnung für diesen Inhaltsstoff „Petrolatum“. Die Bezeichnung gibt bereits Hinweise auf die Herkunft. Petrolatum (nicht zu verwechseln mit Petroleum) ist ein aus Mineralöl stammendes Gemisch an sogenannten Kohlenwasserstoffverbindungen. Dieses Gemisch besteht aus einem flüssigen (70-90 %) und einem festen Anteil (10-30 %).
Noch immer vermuten viele Verbraucher, Vaseline sei ein Abfallprodukt der Erdölgewinnung und folglich ein potenziell verunreinigter Stoff. Doch vielmehr ist es so, dass Vaseline beziehungsweise Rohvaseline hier als Nebenprodukt auftritt. Diese Rohvaseline wird für den Einsatz in der Pharmazie und in der Pflegekosmetik über verschiedene Reinigungsschritte zu Vaseline weiterverarbeitet. Die so gewonnene Vaseline hat mit ihrem Ausgangsprodukt, dem schwarzen und dickflüssigen Erdöl, nichts mehr gemein. Nach erfolgter Aufbereitung erscheint Vaseline als gelbliche bis weiße halbfeste Masse, wobei der Unterschied darin besteht, dass weiße Vaseline im Gegensatz zu gelber Vaseline weniger gesättigte und aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOSH und MOAH) enthält. Verbindungen, die im Verdacht stehen krebserregend zu sein und unter anderem bis heute das negative Image von Vaseline prägen.
Für die pharmazeutische und kosmetische Anwendung gewonnene Vaseline ist ein hochreines Produkt. Die Mengen an MOSH und MOAH sind sowohl in gelber als auch weißer Vaseline sehr gering, sodass kein Gefährdungspotenzial von der Verwendung von Vaseline ausgeht. Dies ist auch laut EU-Kosmetikordnung über die Unbedenklichkeit kosmetischer Inhaltsstoffe ausreichend gesichert. Vaseline ist demnach, entgegen vieler urbaner Mythen, nicht krebserregend.
Vaseline ist ein sogenanntes Okklusivum (lat. abdecken, abdichten). Komplett abdichtend wirkt sie jedoch erst, wenn sie pur und in sehr großer Menge aufgetragen wird. Da das wiederum kein angenehmes Hautgefühl hinterlässt, verspüren wir in der Regel nicht den Drang, unser komplettes Gesicht mit Vaseline einzucremen. Wird die Vaseline stattdessen als Bestandteil eines Pflegeproduktes verwendet, überwiegen in der Regel die positiven Eigenschaften.
Um eines vorwegzunehmen: die Anwendung von purer Vaseline ist nur in bestimmten Fällen sinnvoll. Etwa zur stellenweisen und zeitlich begrenzten Behandlung einzelner, besonders pflegebedürftiger Stellen. Vaseline eignet sich auch, um den Wasserverlust der Haut temporär auf ein Minimum zu reduzieren. Für die regelmäßige Verwendung oder eine langfristige Behandlung, ist pure Vaseline jedoch nicht unbedingt das Mittel der Wahl. Zum einen kann sie die Haut bei sehr exzessiver Anwendung aufquellen und sogar austrocken lassen. Zum anderen sind die Mengen an Vaseline, die für diese Effekte nötig sind, mit einem überaus unangenehmen Hautgefühl verbunden.
Sprechen wir also von Vaseline in Hautpflegeprodukten, ist in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle nicht die Anwendung reiner Vaseline gemeint. Vielmehr geht es um Vaseline beziehungsweise Petrolatum als Bestandteil eines Pflegeproduktes. Eingebettet in eine kosmetische Formulierung entfaltet Petrolatum eine pflegende und feuchtigkeitsbewahrende Wirkung. Vor allem in reichhaltigen Cremes wie Nachtcremes, Heilsalben und Wundcremes, aber auch Cremes für sehr trockene und strapazierte Haut findet sich häufig Petrolatum gemeinsam mit weiteren Pflegestoffen wie Glycerin, Hyaluronsäure, Squalan oder Antioxidantien.
Sicher kennen viele das Phänomen Petrolatum-haltiger Lippenpflegestifte: bei regelmäßiger Verwendung scheint der Griff zum Lippenpflegestift immer häufiger zu werden, während gleichzeitig die Lippen immer trockener werden – es scheint eine Art Teufelskreis zu sein. Man kann nicht ohne, aber mit scheint auch keine dauerhafte Linderung in Sicht.
Grund für diese Beobachtung ist die einseitige und zu intensive Verwendung hoher Mengen an Petrolatum. Die Dosis macht das Gift: statt die Haut zu pflegen, wird der natürliche Austausch von Wasser nahezu vollständig unterbunden. Grob kann man sich das so vorstellen: Das Wasser staut sich in der Haut, sodass die natürliche Hautbarriere aufquillt, um das überschüssige Wasser entweichen zu lassen.
Das Ergebnis ist eine gestörte Hautbarriere, die nun umso leichter Wasser verliert und die sich durch das erneute Auftragen einer Petrolatum-haltigen Lippenpflege nicht ausreichend regenerieren lässt. In diesem Fall überwiegen die negativen Eigenschaften von Petrolatum, der Haut fehlen die wichtigen Strukturkomponenten und eine Regeneration ist kaum möglich. Dennoch tritt dieser Effekt wirklich überaus selten auf und ist weniger ein Zeichen dafür, dass Vaseline nicht sinnvoll für die Hautpflege ist, sondern ist im Gegenteil eher Hinweis für eine falsche Anwendung.
Die Haut kann Vaseline nicht aktiv verwerten. Stattdessen liegt die Pflegewirkung einem physikalischen Prinzip zugrunde, denn Vaseline legt sich als Film auf die Haut. In der richtigen Menge bewirkt dieser Film eine Reduktion des Wasserverlustes und ermöglicht so eine Regeneration trockener und sehr trockener Haut. Am nachhaltigsten ist die Wirkung vor allem dann, wenn Vaseline nicht pur (kann zwar kurzfristig Linderung verschaffen), sondern als Bestandteil einer sinnvoll formulierten Pflege zum Einsatz kommt.
„Wer versteht, wie kosmetische Inhaltsstoffe agieren, setzt den ersten Schritt für eine wirksame Hautpflege“, sagt Biochemikerin Dr. S. Schunter. Als promovierte Biochemikerin entwirrt sie mit Vorliebe die oftmals kryptischen Inhaltsstofflisten von Hautpflegeprodukten: was steckt drin und wie wirkt es. Sie ist überzeugt: Mit diesem Wissen kann für jeden Hauttyp und jeden Hautzustand die richtige Pflege ermittelt werden.
Literaturangaben
Lodén, Role of topical emollients and moisturizers in the treatment of dry skin barrier disorders. Am J Clin Dermatol. 2003;4(11):771-88.
Purnamawati et al., The Role of Moisturizers in Addressing Various Kinds of Dermatitis: A Review. Clin Med Res. 2017 Dec;15(3-4):75-87.
Lodén, Effect of moisturizers on epidermal barrier function. Clin Dermatol. 2012 May-Jun;30(3):286-96