Hautpflege kann bei verschiedenen Hautzuständen und dermatologischen Erkrankungen Linderung verschaffen und unterstützend wirken. Jedoch steht bei einer Hauterkrankung oder bei einem entsprechenden Verdacht stets die ärztliche Abklärung im Vordergrund. Denn nur Dermatolog*innen dürfen eine medizinisch valide Diagnose stellen und können ggf. entsprechende medikamentöse Behandlungen einleiten.
Das Wort „probiotisch“ bedeutet wörtlich übersetzt: für das Lebende. Sinngemäß lässt es sich auch wie folgt übersetzen: das Lebende fördernd. Probiotika sind Stoffe oder Gemische, die lebende Mikroorganismen enthalten und die einen gesundheitlichen Vorteil mitbringen können, wenn sie in ensprechender Menge zugeführt werden.
Was heißt das für die Hautpflege? Probiotische Hautpflege enthält lebende Bakterienkulturen, welche die natürliche Bakterienflora der Haut positiv beeinflussen sollen. Bakterien auf der Haut, wollen wir das? Ja, unbedingt – aber nur die richtigen!
Auf der menschlichen Haut leben viele verschiedene Bakterienarten (unter anderem Laktobazillen und Bifidobakterien), die maßgeblich die Hautgesundheit beeinflussen – diese Ansammlung von Bakterien wird auch Hautmikrobiom genannt. Das Mikrobiom der Haut sorgt unter anderem für:
Bei Hauterkrankungen wie Akne , Neurodermitis, Rosacea , Schuppenflechte oder dem seborrhoischen Ekzem kann ein gestörtes Hautmikrobiom zugrunde liegen. Dabei siedeln sich auf der Haut unerwünschte Bakterien an, welche die gesunde Bakterienflora verdrängen. Ein intaktes Mikrobiom ist daher wichtig für eine gesunde Haut.
Probiotische Hautpflege ist ein weit gefasster und nicht normierter Überbegriff für Produkte, in denen sich lebende Mikroorganismen finden. Hersteller solcher Produkte geben jedoch nicht an, welche Mikroorganismen in welcher Menge vorhanden sind. Daher lassen sich keine allgemeingültigen Aussagen darüber treffen, wie probiotische Kosmetika wirken und welchen Vorteil sie gegenüber konventionellen Kosmetika liefern.
Der Grundgedanke probiotischer Hautpflege setzt an folgendem Punkt an: verschiedene Studien liefern Hinweise, dass oral aufgenommene Probiotika das Darmmikrobiom positiv beeinflussen. Das steht in einem Zusammenhang mit einer Linderung von Entzündungsreaktionen und bestimmter Hauterkrankungen. Folglich liegt der Gedanke nahe, dass probiotische Hautpflegeprodukte direkte Wirkung auf die Haut haben könnten und ein gesundes Hautmikrobiom fördern.
Die Studienlage zu probiotischer Hautpflege ist derzeit noch dünn, doch es gibt Hinweise für eine Wirksamkeit bei verschiedenen Hauterkrankungen wie Rosacea, Akne und Neurodermitis. Doch hierbei scheint es auf die Zusammensetzung der jeweiligen Probiotika anzukommen.
Entsprechend formuliert, eignet sich probiotische Hautpflege bei fast allen Hautzuständen: trockene, sensible, empfindliche Haut sowie bei Akne, Neurodermitis, Ekzemen oder Schuppenflechte. Leidest du jedoch an Fungal Akne , so sind probiotische Pflegeprodukte nicht empfehlenswert. Nicht aufgrund der Probiotika selbst, sondern weil probiotische Pflegeprodukte oftmals fermentierte Bestandteile und bestimmte Fette enthalten, die für eine Pflege bei Fungal Akne nicht geeignet sind.
Akne wird durch eine Vielzahl verschiedener Faktoren begünstigt. Darunter hormoneller Status, Veranlagung, äußere Faktoren, Stress und Umweltfaktoren. Auch das Mikrobiom – des Darms und der Haut – spielt eine entscheidende Rolle. Schon 1912 gab es erste Untersuchungen, dass eine „Bakterientherapie“ hilfreich bei der Akne-Behandlung sein könnte. Seither folgten verschiedene Untersuchungen mit bestimmten Bakterienstämmen, die das Wachstum des aknefördernden Bakteriums P. acnes eindämmen und so eine Akne lindern können.
Eine Neurodermitis äußert sich in trockenen, juckenden und entzündlichen Hautstellen. Ein Faktor bei der Entstehung dieser nichtansteckenden Hauterkrankung ist ein Fehlen bestimmter Hautfette und eine Überbesiedlung mit dem Bakterium S. aureus. Erste Untersuchungen mit probiotischer Hautpflege liefern positive Signale. Doch auch hier kommt es vor allem auf die Art und Menge des eingesetzten Probiotikums an.
Bei Wunden und während der Wundheilung kommt es lokal zu einer Veränderung des Hautmikrobioms. Grund dafür ist die Verletzung und die damit einhergehende Aktivierung des Immunsystems. Die Verwendung von Probiotika bei der Eindämmung von Infektionen und Entzündungen ist in verschiedenen Studien mit positiven Hinweisen untersucht worden. Doch auch hier gibt es starke Unterschiede in den jeweiligen Studien. Zudem hängt die Wirksamkeit von der Art der eingesetzten Bakterien ab.
Auch bei Psoriasis spielt eine Veränderung des Hautmikrobioms eine Rolle bei der Ausprägung der entzündlichen Hauterkrankung. Daher liegt es nahe, das mit der richtigen probiotischen Pflege, das Mikrobiom und damit der Krankheitsverlauf positiv beeinflusst werden kann. Aber auch hier kommt es individuell auf die genutzten Bakterienstämme an.
Mit den vielen positiven Hinweisen probiotischer Therapeutika bei der Behandlung verschiedenster Hauterkrankungen, bleibt es nicht aus, über einen Einsatz in der Pflegekosmetik nachzudenken. In den letzten Jahren sind in Rekordgeschwindigkeit probiotische Hautpflegeprodukte auf den Markt gekommen. Sie sollen extrinsische und intrinsische Alterungsprozesse verlangsamen und zudem folgende Wirkungen entfalten:
Eine der wichtigsten Eigenschaften von Probiotika scheint zu sein, dass sie aufgetragen auf die Haut als eine Art Schutzfilm fungieren. Dieser Film bildet die Grundlage für das Wachstum hauteigener Bakterien – beste Bedingungen für ein gesundes Hautmikrobiom.
Somit ist probiotische Hautpflege ein spannender Ansatz in der Dermatokosmetik, jedoch benötigt es zum jetzigen Zeitpunkt noch mehr Untersuchungen.
Ob in einem Pflegeprodukt tatsächlich auch lebende Bakterien enthalten sind, lässt sich nur schwer feststellen. Meist findet sich auf der Umverpackung probiotischer Produkte ein entsprechender Hinweis. Tatsächlich dürfte die Anzahl lebender Bakterien jedoch gering ausfallen, da dies die Stabilität des Produktes deutlich beeinflusst. Ein Blick auf die INCI-Liste kann Aufschluss geben – Probiotika können sich beispielsweise hinter folgenden Begriffen verbergen:
Postbiotische Stoffe sind sehr viel häufiger. In diesem Fall handelt es sich um inaktivierte Bakterien mit oder ohne deren Stoffwechselprodukte. Oftmals werden Probiotika und Postbiotika gleichgesetzt, doch im Gegensatz zu Probiotika, bei denen es sich um lebende Bakterien handelt, sind Postbiotika nicht lebensfähig. Dazu gehören Filtrate, Lysate oder fermentierte Extrakte:
Bei probiotischen Produkten sind lebende Bakterien enthalten. Präbiotisch hingegen sind Nährstoffe, die von probiotischen Bakterien aufgenommen werden und deren Wachstum fördern. Umgangssprachlich formuliert sind Präbiotika das Futter von Probiotika. Aus diesem Grund sind vielen probiotischen Pflegeprodukten auch präbiotische Inhaltsstoffe zugesetzt wie etwa:
„Wer versteht, wie kosmetische Inhaltsstoffe agieren, setzt den ersten Schritt für eine wirksame Hautpflege“, sagt Biochemikerin Dr. S. Schunter. Als promovierte Biochemikerin entwirrt sie mit Vorliebe die oftmals kryptischen Inhaltsstofflisten von Hautpflegeprodukten: was steckt drin und wie wirkt es. Sie ist überzeugt: Mit diesem Wissen kann für jeden Hauttyp und jeden Hautzustand die richtige Pflege ermittelt werden.
Literaturangaben