Milchsäure gehört zu den bekanntesten Vertretern der alpha-Hydroxysäuren (AHA). Das hört sich im ersten Moment an, wie frisch aus dem Chemielabor. Tatsächlich ist Milchsäure jedoch ein körpereigener Stoff, der täglich in Mengen von bis zu 120g produziert wird. Hierbei geht es hauptsächlich um die Versorgung von Muskulatur, Blut, Organen - aber auch der Haut. Im Bereich der Haut sorgt Milchsäure für den korrekten pH-Wert der Hautflora (pH 5-5,5). Dies ist wichtig, um den Säureschutzmantel aufrecht zu erhalten. Denn ist der gestört, so leidet die Haut: sie erscheint trocken und feuchtigkeitsarm, reagiert empfindlich und bietet nicht zuletzt hautfremden Bakterien einen Nährboden. Letzteres ist nicht selten ein Grund für unreine Haut, denn Pickel und Akne werden auch durch diese Art der Bakterien ausgelöst.
Milchsäure gehört zu den natürlichen Feuchthaltefaktoren der Haut. Als solcher ist Milchsäure ein eher kleines, wasserliebendes Molekül. Das bedeutet, es wird aktiv Wasser gebunden und es bildet sich eine sogenannte Hydrathülle. Dies ist verantwortlich für die feuchtigkeitsspendende Wirkung. Darüber hinaus ist Milchsäure essentiell für einen intakten Säureschutzmantel und eine gesunde Hautflora. Insgesamt hat die Oberfläche der Haut dadurch einen eher sauren pH-Wert. Dies sorgt für ein Milieu, in dem hauteigene Bakterien gut gedeihen. Auf hautfremde Bakterien und Mikroorganismen hingegen wirkt dieses Milieu wachstumshemmend.
Die hydratisierenden Wirkungen sowie der positive Einfluss auf die physiologische Flora entfalten sich bereits in niedrigen Konzentrationen. Höhere Konzentrationen an Milchsäure haben einen keratolytischen Effekt. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Verbindungen zwischen Hornzellen der obersten Hautschicht gelöst werden. Die macht man sich bei den sogenannten oberflächlichen chemischen Peelings zunutze, denn hierbei wird die Haut dabei unterstützt, sich schneller und vor allem schonend von nicht mehr benötigten Hautzellen zu befreien. Die Haut erscheint weniger fahl und Pflegestoffe können besser verwertet werden. Forschungsarbeiten im Bereich der Dermatologie bringen Milchsäure-Peelings darüber hinaus mit einer Verbesserung der Hautstruktur und –flexibilität in Verbindung. Grund dafür ist unter anderem die Anregung der Kollagenbildung.
Milchsäure wirkt sowohl direkt als auch indirekt gegen Unreinheiten. Die direkte Wirkung beruht auf der Tatsache, dass Milchsäure abgestorbene Hautzellen entfernen kann, die ihrerseits oftmals Ursache für Entzündungen und Unreinheiten sein können. Indirekt wirkt Milchsäure im Zusammenhang mit der Stabilisierung des Säureschutzmantels. Ist dieser intakt, so stimmt auch der hautphysiologische pH-Wert, der die hauteigene Bakterienflora gedeihen lässt, für hautfremde und pickelauslösende Bakterien jedoch keinen geeigneten Nährboden darstellt und somit das Wachstum hemmt.
Ein Vorteil liegt in der Verträglichkeit, sodass selbst empfindliche oder entzündete Haut Milchsäure meist gut toleriert. Grund dafür ist zum einen, dass Milchsäure als körpereigen erkannt wird, zum anderen spielt die zugrundeliegende Struktur eine Rolle. So ist das Milchsäure-Molekül im Vergleich zu Glycolsäure – ebenfalls eine peelende alpha-Hydroxysäure – geringfügig größer. Dadurch dringt Milchsäure vergleichsweise langsam in die Haut ein, wodurch die Wirkung weniger direkt und eher zeitverzögert eintritt.
In Hautpflegeprodukten findet sich Milchsäure entweder als Hilfsstoff zum Einstellen des korrekten pH-Wertes der jeweiligen Formulierung oder aber als feuchtigkeitsspendender Begleitstoff. Hierfür genügen bereits niedrige Konzentrationen.
Wesentlich interessanter ist die Verwendung höherer Milchsäurekonzentrationen. Während Konzentrationen über 10% nur in professionelle Hände gehören (dermatologisch-kosmetische Peelings), eignen sich für Home-Treatments Konzentrationen bis 10%. Die regelmäßige und korrekte Anwendung von Milchsäure-Peelings bietet sich grundsätzlich für alle Hauttypen an, besonders jedoch für trockene, unreine oder empfindliche Haut.
Typische Peelingprodukte mit Milchsäure sind meist wässrig bis emulsionsartig formuliert. Sie sollten einen sauren pH-Wert aufweisen, denn nur so liegt ausreichend aktive Milchsäure vor. Manch einer fühlt sich verleitet, chemische Peelings zu verdünnen, etwa um die Verträglichkeit zu verbessern. Jedoch sollten Milchsäure-Peelings niemals mit Wasser, Tonern, Seren oder in irgendeiner anderen Weise verdünnt werden, denn dies beeinflusst den pH-Wer der Formulierung und somit die Wirksamkeit der Milchsäure. Zeigen sich nach dem Auftrag Irritationen wie Rötungen oder Brennen, so ist das nicht etwa ein Zeichen dafür, dass das Peeling wirkt, sondern dass es in dieser Art nicht das geeignete für die Haut ist. Hier gilt es den eigenen Hautzustand zu analysieren und eine geeignete Milchsäurekonzentration zu finden, die ohne Irritationen toleriert wird.
Wer noch keine Erfahrungen mit chemischen Peelings hat, findet mit Milchsäure eine gut verträgliche „Einsteigersäure“. Zu Beginn sollte die Anwendung nicht öfter als einmal pro Woche erfolgen, wobei dies natürlich auch von der jeweiligen Einsatzkonzentration abhängig ist. Mit der Zeit und bei guter Verträglichkeit können entsprechende Produkte je nach Bedarf auch häufiger verwendet werden. Die Anwendung eines Milchsäure-Peelings ist denkbar einfach und erfolgt bestenfalls im Rahmen der Abendroutine nach der Reinigung. Da Peeling-Produkte mit Milchsäure oftmals flüssig sind, ist es am einfachsten, das Produkt direkt in die Handflächen zu geben und anschließend direkt im Gesicht zu verteilen. Auch wenn nach dem Auftrag prinzipiell keine Wartezeit nötig ist, bietet es sich dennoch an, die Zeit beispielsweise zum Zähneputzen zu nutzen. Anschließend ein Serum und eine Feuchtigkeitspflege auftragen. Nicht vergessen: wer chemisch peelt, sollte tagsüber einen Sonnenschutz tragen!
„Wer versteht, wie kosmetische Inhaltsstoffe agieren, setzt den ersten Schritt für eine wirksame Hautpflege“, sagt Biochemikerin Dr. S. Schunter. Als promovierte Biochemikerin entwirrt sie mit Vorliebe die oftmals kryptischen Inhaltsstofflisten von Hautpflegeprodukten: was steckt drin und wie wirkt es. Sie ist überzeugt: Mit diesem Wissen kann für jeden Hauttyp und jeden Hautzustand die richtige Pflege ermittelt werden.
Literaturangaben
Zakopoulou, Kontochristopoulos, Superficial chemical peels.
J Cosmet Dermatol. 2006 Sep;5(3):246-53.
Smith, W.P., Epidermal and dermal effects of topical lactic acid.
J Am Acad Dermatol 1996 Sep;35(3 Pt 1):388-91.